Das Grundeigentum

Proprietad funsila

Den Grundstock des bewirtschaftbaren Gemeindebodens bilden die Löser (rom. las sorts). Dabei handelt es sich um die Flächen, die vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert durch die Bürger urbarisiert wurden, und um einen Bodenzukauf von 1837 aus dem Besitz des Klosters Pfäfers nach dessen Aufhebung.

Die Gemeindelöser waren eine sehr soziale Einrichtung. Sie wurden über Jahrhunderte an ortsansässige Bürger, Bürgerwitwen und später auch an Beisässen zur Bewirtschaftung zugeteilt. Die Nutzung dieser Gemeindegüter wurde ab 1965 nach und nach den geänderten Bewirtschaftungsverhältnissen in der Landwirtschaft angepasst und grossflächig an die schrumpfende Zahl von ortsansässigen Landwirten verpachtet. Unter Federführung der Bürgergemeinde wurde 1995/96 die pachtweise Arrondierung der Grundstücke (Politische Gemeinde, Katholische Kirchgemeinde und Stiftungen, Ems-Chemie AG und Private) durchgeführt, was einer ökonomischen Bewirtschaftung des Bodens sehr entgegenkommt. 1990 unterstützten wir den Bauernverein Domat/Ems finanziell bei der Errichtung einer zirka 3.5 Km langen Feldbewässerungsanlage. Das Wasser dazu liefert das von der Gemeinde 1913 erbaute und heute nicht mehr genutzte Reservoir im „Schnegg“. 2017 wurde die Bewässerungsanlage durch den initiativen Bauernverein unter Präsident Mario Canetg durch die Reaktivierung des von der Gemeinde stillgelegten, alten Grundwasserpumpwerks „Isla“ mit finanzieller Unterstützung der Bürgergemeinde erweitert. Diese Bewässerungsanlage hat sich seither für die Emser Landwirtschaft bestens bewährt. Foto Peter Corpataux, 06.06.2015 Als Ersatz für den entgehenden Realnutzen wurde den stimmberechtigten Bürgerinnen und Bürgern aus den Löser-Pachtzinseinnahmen jährlich CHF 20.00 bar ausbezahlt. Alternativ konnte man diesen Betrag einer sozial tätigen Institution überweisen lassen. Seit 1998 wird den Teilnehmenden der Frühjahrsversammlung jeweils eine Flasche Wein aus dem bürgereigenen Weingut „Tuma Casté“ als Ersatz für den entgangenen Ertrag aus der Löserbewirtschaftung abgegeben. Durch eine weitsichtige und vernünftige Bodenpolitik konnten die Landreserven während der letzten Jahrzehnte trotz fortwährender Abgaben an Private und an die öffentliche Hand durch laufende Zukäufe merklich erhöht werden. Die Bürgergemeinde ist eine bedeutende Grundbesitzerin. Zum vorhandenen Boden Sorge zu tragen war und ist ein wichtiger Grundsatz der Vischnanca burgaisa.

Landerwerb – negatives Schreiben aus Übersee
Um 1970 herum versuchten die damaligen Amtsträger, wegen der starken Nachfrage nach Bauland, die Abgänge wenigstens quadratmetermässig durch entsprechende Zukäufe zu kompensieren. Doch dies gelang nicht immer wie das nachfolgende Schreiben von Anny Baschnonga (Witwe eines 1920 ausgewanderten Emsers) aus Evanston IL/USA von 1971 beweist:

„In Bezug auf Ihr Schreiben wegen der 3 landwirtschaftl. Parzellen, die ich in Ems besitze, will ich Ihnen Antwort geben. Ich verstehe Ihren Grund, warum die Gemeinde bestrebt ist Grund zu erwerben, ehe alles verkauft ist. Und ich danke Ihnen für die ausführliche Beschreibung in Bezug auf Grösse, Zonenlage u. Preisangebot. Leider muss ich Ihnen berichten, dass ich die Grundstücke noch nicht verkaufen will. Wir haben hier in U.S.A. immer höhersteigende Inflation u. das Geld verliert immerzu den Wert. Wenn auch die Bankzinsen hoch stehen, so sind auch die Lebenspreise. Und ich denke vorderhand ist es besser für mich, ich habe Grund u. Boden. Sollte ich zur Entscheidung kommen, die Grundstücke in Ems in Geld zu vertauschen, würde ich Ihnen es wissen lassen.“

(Quelle: Archiv Vischnanca burgaisa/Bürgergemeinde)

Immer wieder stellte die Bürgergemeinde für das Errichten öffentlicher Bauten Boden gratis oder zu sehr günstigen Bedingungen zur Verfügung, wie zum Beispiel für Schulhausbauten (Caguils und Tuma Platta). Ferner wurde Bauland für die folgenden Zwecke abgegeben: Alters- und Pflegeheim Casa Falveng, Bahntrassee, Dorfplatz, Friedhoferweiterung Crestas, Nationalstrasse, Gemeindestrassen- und Trottoirbauten, Dreifachsporthalle Vial, Werkhofanlage und Neubau der Recyclinganlage Plong Muling. Durch diese und andere Aktionen zugunsten der Öffentlichkeit konnte die Gemeindekasse etwas geschont werden.

Boden stellte die Bürgergemeinde auch für den Bau von Sport- und anderen -Anlagen (z.B. Familiengärtnerverein Caguils, FC Ems, Golfclub, Jägersektion VALAULTA, Pumptrack-Anlage, Schützengesellschaften, Siedlung Padrusa, Tennisclub), für den Bau von Industrieanlagen (Holzverzuckerungs-AG, beziehungsweise Ems-Chemie AG, Freymatic AG und Heineken Switzerland AG) sowie für die Ansiedlung von Gewerbebetrieben (Sorts da Vinars, Sorts da Plong Muling und Hofstättle) und schliesslich unzähligen Privaten, insbesondere jungen Familien, für den Bau eines Eigenheims zur Verfügung.


Alpen, Weiden und Wälder

Die Bürgergemeinde ist auch Besitzerin der Gemeindealpen (Urtgicla, Ranasca und Mér), -wälder und –weiden, welche zum Nutzungsvermögen gehören, d.h. sie werden durch die Politische Gemeinde genutzt.

In der Vereinbarung mit der Politischen Gemeinde vom 28.04.1979 anerkennt diese das Eigentum der Bürgergemeinde am Nutzungsvermögen. Bei allen Geschäften, welche das Nutzungsvermögen betreffen, hat die Politische Gemeinde ein Mitspracherecht.

Von grosser Bedeutung war für Domat/Ems 1972 die Unterzeichnung eines Baurechts- und Durchleitungsvertrages in der Alp Ranasca mit der damaligen Crap Sogn Gion AG (heute: Weisse Arena AG, 7032 Laax). Dieser sicherte den Bau und die Nutzung von Transporteinrichtungen für die Dauer von 94 Jahren zu. Obwohl diese Einrichtungen nie erstellt worden sind, kam die gesamte Emser Bevölkerung seither in den Genuss des Einheimischtarifs für dieses grosse Ski- und Wandergebiet.

Der Strukturwandel in der Alpwirtschaft macht auch vor Domat/Ems nicht halt. Da einerseits die Anzahl Milchkühe in den letzten Jahren in der Alp Ranasca Dadens (ob Pigniu in der Surselva) ständig zurückging und andererseits sehr grosse Investitionen in die Erneuerung der Käserei-Einrichtungen hätten getätigt werden müssen, beschloss der Gemeindevorstand und der Bürgerrat nach einer sorgfältigen Analyse, die Käse-Produktion per Ende Sommer 2013 einzustellen. Dies entsprach wohl ausschliesslich einem Entscheid der Vernunft und nicht des Herzens.

Um die Käseherstellung zu dokumentieren, liess der Bürgerrat im Sommer 2013 unter dem Titel „Ina damaun da stad sin l’alp Ranasca Dadens / Ein Sommermorgen auf der Alp Ranasca Dadens“ eine rund 15minütige filmische Dokumentation auf DVD herstellen. Es ist leider so, dass nun nach wohl 544 Betriebsjahren ab 2014 in Ranasca Dadens nicht mehr Alpkäse hergestellt wird.

Im Herbst 2013 wurden der Käsekessel und die Sennerei-Einrichtungen durch die Forst- und Werkgruppe der Gemeinde demontiert. Während des Sommers 2014 wurde die Alphütte umgebaut, so dass sie dem heutigen Alpstandard entspricht und problemlos einer Hirtenfamilie komfortablen Wohnraum bieten kann. Gemeindevorstand und Bürgergemeinde genehmigten im Herbst 2013 den entsprechenden Umbaukredit von CHF 450'000.00, davon CHF 250'000.00 aus dem gemeinsam verwalteten Bodenerlöskonto. Da die effektiven Baukosten sich innerhalb des Kreditrahmens bewegten, konnten im Sommer 2015 noch die Gebäudeaussenwände trockengelegt werden.

Im Herbst 2018 wurde nun die Alphütte in Ranasca Dado ebenfalls saniert und umgebaut. Der Umbau unter der Leitung der Politischen Gemeinde konnte in der ersten Hälfte 2019 abgeschlossen werden.

Am 11. August 2019 fand in der Alp Ranasca Dado das Jubiläumsfest «550 onns Alp Ranasca da Domat/ 550 Jahre Emser Alp Ranasca» statt. Die über 500 Festbesucher aus Domat/Ems und Umgebung, jedoch auch aus den Fraktionen Pigniu, Rueun und aus den Dörfern der übrigen Surselva sowie sogar aus anderen Kantonen, quer durch alle Altersgruppen, dokumentierten mit ihrer Anwesenheit die tiefe Verbundenheit zu unserer Alp Ranasca.

Seit Jahren unterhält der Emser Bürgerrat freundschaftliche Beziehungen zu Pigniu. Die Emser Alpen Ranasca und Mér mit einer Gesamtfläche von 14,8 km² befinden sich auf Territorium der Gemeinde Ilanz/Glion in der Surselva.

In der Alp Ranasca werden seit 2014 ausschliesslich Mutterkühe und Galtvieh gesömmert, während die Alp Mér seit Jahren, nicht mehr wie früher, mit Kälbern sondern mit Schafen bestossen wird.